Kinderkrippe – die erste Trennung von zu Hause
Wenn Kinder in die Krippe kommen, sind sie mit vielen neuen Situationen konfrontiert. Es gibt neue Bezugspersonen, neue Räumlichkeiten und viele unbekannte Kinder. Klar, dass sich die Kleinen gerade am Anfang schwer tun, sich an die fremde Situation zu gewöhnen. Aber auch das Alter spielt eine entscheidende Rolle: Krippenkinder sind zwischen zwölf Monaten und drei Jahren alt. Da gibt es natürlich große Unterschiede.
Wie läuft die Eingewöhnung in der Kinderkrippe ab? Unsere Eingewöhnung verläuft angelehnt nach dem Berliner Modell: Hier wird Schritt für Schritt versucht, das Kind an die neue Situation und vor allem zunächst an eine neue Bezugsperson zu gewöhnen. Der erste Kontakt zwischen Kinderkrippe und Eltern ist dabei das Eingewöhnungsgespräch. Hier steht das Kind mit seinen Bedürfnissen im Vordergrund: Wir versuchen, so viel wie möglich über das Kind und seine Interessen, Vorlieben und Gewohnheiten zu erfahren. Dabei ist es für die Eingewöhnung umso besser, je mehr wir von dem Kind wissen. Gibt es Schlafprobleme? Hat es Geschwister? Wenn während der Eingewöhnungsphase Probleme entstehen, kann man diese am besten lösen, wenn man das Kind gut kennt und versteht. Wichtig ist hier zu erwähnen, das jedes Kind ein Individuum ist und so auch jede Eingewöhnung anders verläuft.
Wie geht es nach dem Eingewöhnungsgespräch weiter? In den ersten Tagen kommt ein Elternteil mit dem Kind in die Einrichtung. Beide bleiben für circa eine halbe bis ganze Stunde dort. Ganz wichtig ist, dass in dieser Zeit kein Trennungsversuch stattfindet. Die Kinder sollen sich langsam an die neue Umgebung gewöhnen. Die Anwesenheit des Elternteils gibt ihnen dabei Vertrauen. Die Eltern sollten sich dabei möglichst unauffällig verhalten und ihrem Kind die Möglichkeit geben, die neue Situation auf eigene Faust zu erkunden. Kommt das Kind zu Mama oder Papa, ist es aber wichtig, dass diese signalisiert: Ich bin für dich da. In jeder Gruppe gibt es für die Kinder eine gezielte Bezugsperson, die sich während der Eingewöhnungsphase intensiv mit den jeweiligen Schützlingen beschäftigt. Geht das Kind von selbst auf diese Bezugsperson zu, nimmt diese den Kontaktversuch an und bietet dem Kind eine Spielmöglichkeit. Die Erzieherin/der Erzieher beobachtet die Interaktion zwischen Eltern und Kind, geht aber nicht aktiv auf das Kind zu. Es ist wichtig, die Reaktion von Mutter und Kind abzuwarten: Wir wollen den Eltern auf gar keinen Fall das Gefühl geben, dass wir ihnen ihr Kind wegnehmen, sondern warten, bis die Eltern ihr Kind an uns übergeben.
Wann kommt es zum ersten Abschied? Nach einigen Tagen versuchen wir, die Kinder das erste Mal von ihrem Elternteil zu trennen. Ganz wichtig dabei ist, dass sich die Eltern direkt bei ihrem Kind verabschieden - auch wenn die ersten Trennungen meistens nur ein paar Minuten dauern. Viele würden sich gerne in einem unbemerkten Moment davon schleichen - und damit selbst den Abschied umgehen. Aber für das Kind ist es wichtig zu sagen: "Ich gehe jetzt und hole dich später ab!". Außerdem sollten die Eltern mit ihrem Kind die Krippe direkt verlassen, wenn sie es nach der Trennung wiedersehen. Somit versteht das Kind, dass das Erscheinen des Elternteils bedeutet, dass es jetzt abgeholt und nach Hause gebracht wird. Klappt das gut, wird der Trennungszeitraum immer etwas verlängert. Die Reaktion des Kindes ist dabei maßgebend für den weiteren Verlauf der Eingewöhnung: Wenn das Kind so viel Vertrauen zu seiner Bezugserzieherin in der Gruppe gefasst hat, dass es sich von ihr trösten lässt, kann man die Trennungszeit weiter ausdehnen. Dann kann Mama oder Papa auch mal für 30 Minuten weg bleiben und einen kurzen Spaziergang in der Umgebung machen. Die Betreuungszeit wird, wenn es gut klappt, immer weiter verlängert: Bis zum Mittagessen, bis nach dem Mittagsschlaf, bis zum Nachmittagsnack und am Ende bis zur tatsächlich gebuchten Betreuungszeit.
Und wenn sich das Kind gut von der Mutter trennen kann? In der Stabilisierungsphase versucht die Erzieherin/der Erzieher immer mehr, die Fürsorge für das Kind zu übernehmen: Essen, Wickeln und Spielen. Auch wenn sich das Kind gut von der Mutter/vom Vater trennen kann, sollte die Mutter/der Vater anfangs in der Krippe bleiben, um im Notfall dazu geholt werden zu können. Am Ende der Eingewöhnung ist dies nicht mehr nötig, dennoch sollte ein Elternteil jederzeit telefonisch erreichbar sein, falls die Beziehung zur Erzieherin/zum Erzieher doch noch nicht ausreicht um das Kind zu beruhigen.
Wie lange dauert die Eingewöhnung normalerweise? Eltern sollten sich auf jeden Fall sechs bis acht Wochen Zeit nehmen, um ihr Kind während der Eingewöhnung zu begleiten. Dabei ist es wichtig, dass sie für ihr Kind in dieser Zeit auch wirklich zur Verfügung stehen und im Zweifelsfall auch in die Kinderkrippe kommen können. Bei vielen Kindern geht die Eingewöhnungszeit schneller. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese dann komplett abgeschlossen ist. Trennen sich die Kinder einigermaßen gut von ihren Eltern, geht die Eingewöhnung in der Gruppe weiter. Am Anfang konzentrieren sich die Krippenneulinge nur auf ihre Bezugsbetreuer/innen, sollen im Laufe der kommenden Monate aber auch Vertrauen zu den anderen Erzieher/innen aufbauen. Bedingt durch die Öffnungszeit ist die Bezugsperson nicht den ganzen Tag für die Kinder anwesend. Das bedeutet, dass die Bezugserzieherin/der Bezugserzieher zwar während der Eingewöhnung immer anwesend ist, im Verlauf des Krippenalltags aber nicht immer da sein kann. Eine Übergabe der Kinder muss zu allen drei Erzieher/innen möglich sein. Außerdem nehmen Kleinkinder Veränderungen nur langsam an: Die Eingewöhnung in der Krippe ist ein riesiger Schritt für sie. Deswegen versuchen wir mit unseren neuen Kindern erst einmal in den Gruppenräumen zu bleiben. Eine räumliche Veränderung ist am Anfang noch zu viel. Bis sich ein Kind an den Ablauf und die Rituale in der Krippe gewöhnt hat, vergehen in der Regel drei Monate. Erst dann ist das Kind richtig eingewöhnt.
Das größte Problem für die Eltern ist die Trennung an der Gruppentür. Wie schafft man es am besten, dass keine Tränen fließen? Wir legen es gar nicht darauf an, dass die Kinder nicht weinen. Viele sind noch klein und können sich nicht anders ausdrücken. Wenn der Elternteil geht, reagieren viele Kinder mit Tränen, weil das für sie ungewohnt ist. Weinen bedeutet nichts anderes als "Ich mag das nicht!". Vielen Eltern blutet das Herz, wenn ihre Kinder anfangen zu weinen - verständlich, denn sie vertrauen uns das Wertvollste an, was sie besitzen. Doch Tränen bedeuten nicht, dass eine Eingewöhnung nicht erfolgreich war. Wenn ein Kind gegen den Abschied vom Elternteil protestiert - egal ob mit Tränen oder ohne - ist das vollkommen okay, denn es zeigt Bindungsverhalten. Das Vertrauen zur Erzieherin/zum Erzieher sollte jedoch so groß sein, dass sich das Kind von ihr/von ihm danach trösten lässt und das Spielangebot in der Gruppe annehmen kann.
Gibt es ein Alter, indem die Kinder sich am besten eingewöhnen?
Die meisten Kinder kommen im Alter zwischen zwölf Monaten und zwanzig Monaten in die Krippe. Das ist genau das Alter, in dem Kleinkinder ein Bindungsgefühl entwickeln. Jetzt fangen sie an, auf Trennungen von Bezugspersonen emotional zu reagieren. Dementsprechend ist natürlich die Eingewöhnung von Babys unproblematischer, weil sie noch keine Trennungsangst haben. Hier fällt es aber oft den Müttern schwerer, ihre Kinder erstmals in fremde Hände abzugeben. Viele sind am Ende aber erstaunt, wie leicht sich ihr Baby an die neue Situation gewöhnt. Das kann manchmal so weit gehen, dass es eine gewisse Frustration der Mütter über die so emotionslose Übergabe in die Krippenbetreuung gibt. Bei Kindern, die sehr früh eingewöhnt werden, kommt es im Ausgleich dazu manchmal Monate später zu einer verzögerten Fremdelphase. Die Kinder reagieren dann wie ganz neu eingewöhnte Kinder, obwohl sie schon seit Monaten bei uns sind: Erst jetzt haben sie realisiert, dass die Eltern nicht in der Krippe bleiben. Diese Phase ist jedoch erfahrungsgemäß schnell wieder vorbei. Gewöhnen wir dagegen ältere Kinder ab zwei Jahren in die Krippe ein, sieht die Sache wiederum ganz anders aus. In diesem Alter haben die Kleinen gerade einen großen geistigen Entwicklungssprung gemacht: Sie können nun zwischen "Ich" und "Du" unterscheiden und Folgereaktionen von Handlungen abschätzen und einkalkulieren. Sie wissen also: Wenn ich ganz arg weine, kommt die Mama zurück! Sie versuchen also, die Interaktion mitzusteuern und weinen bewusst, manchmal theatralisch, weil sie möchten, dass die Eltern wieder kommen. In diesem Alter ist es besonders wichtig, das Trennungsverhalten des Kindes gut zu beobachten und einzuschätzen, in welcher Entwicklungsphase das Kind tatsächlich ist. Hier kann es für eine gelungene Eingewöhnung nämlich manchmal auch wichtig sein, den Kindern zu zeigen, dass Tränen die Eltern nicht zurückholen. Die richtige Einschätzung des Kindes in dieser Altersgruppe ist nicht immer ganz einfach und braucht Erfahrung.
Was ist von Seiten der Kinderkrippe bei der Eingewöhnung zu beachten? Die Erzieher/innen innerhalb eines Teams müssen sich gut absprechen. Wenn ein neues Kind zu uns kommt, muss die Bezugsperson anwesend sein und Zeit haben, sich um den Neuankömmling zu kümmern. Aber auch für die Übergabegespräche am Morgen von den Eltern an die Krippe und am Nachmittag von der Krippe an die Eltern sollte genug Zeit sein: Wie hat das Kind über Nacht geschlafen? Gab es Probleme in der Krippe? Was hat es gegessen? Je mehr die Erzieher/innen über die aktuelle Gefühlslage der Kinder Bescheid wissen, desto besser können sie auf das Kind eingehen. Und auch für die Eltern ist es wichtig zu erfahren, was ihr Kind über den Tag gemacht hat. Für die Kinder, die schon etwas länger bei uns sind, bedeutet eine Eingewöhnung eines neuen Kindes auch, dass wir nicht spontan nach draußen gehen können oder der Spaziergang in der ersten Zeit auf eine spätere Zeit verschoben werden muss. Denn jede weitere Veränderung verunsichert die Kinder und sollte deswegen vorerst vermieden werden.
Wie glückt eine Eingewöhnung am besten?
Die Gefühlslage der Eltern während der Eingewöhnung ist sehr ausschlaggebend. Denn diese überträgt sich automatisch und auch unbewusst auf das Kind. Sind die Eltern unsicher oder mit etwas nicht zufrieden, fühlen sich die Kinder auch nicht wohl. Deswegen ist es sehr wichtig, dass die Eltern genau wissen, wie die Eingewöhnung abläuft, was wir planen und was ihre Aufgabe ist. Dringend nötig ist auch, dass sich die Eltern die ersten Wochen komplett frei halten und sich auf die Eingewöhnung konzentrieren können. Denn eine Krippeneingewöhnung kann man nicht erzwingen und vor allem nicht unter Zeitdruck bewältigen. Wenn die Eltern gestresst sind, merken das die Kinder sofort. Zudem sollten Eltern ihren Kindern in dieser Zeit keine weiteren Veränderungen wie einen Umzug zumuten. Auch ist es nicht wirklich förderlich, wenn das Kind vier Wochen zu uns in die Krippe kommt, die Familie dann aber für zwei Wochen in den Urlaub fährt. Außerdem sollte das neue Krippenkind konstant von einer familiären Bezugsperson begleitet werden. Wenn mal der Papa, mal die Mama oder auch die Oma zur Eingewöhnung kommen, ist es für das Kind jedes Mal wieder eine neue und ungewohnte Situation.
Wie werden die Eltern bei der Eingewöhnung begleitet? In den ersten Tagen der Eingewöhnung sitzen die Eltern der neuen Krippenkinder oft mit im Gruppenraum. Wir bieten ihnen dann einen Kaffee an, reden mit ihnen und versuchen, sie abzulenken. Das Eingewöhnungsgespräch hilft, sich gegenseitig besser kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Um weitere Ängste und Sorgen zu vertreiben, gibt es für jedes Kind bei uns ein Ich-Buch. Da können Fotos von Oma und Opa, Mama und Papa und Geschwistern eingeklebt werden. Das hilft ganz oft, wenn ein wenig Heimweh aufkommt - und die Eltern haben das Gefühl, ihren Kindern für den Krippenalltag etwas Persönliches mitzugeben. Wir sehen uns mit den Eltern in einer Erziehungspartnerschaft - der gegenseitige Austausch ist für unsere Arbeit das Wichtigste.
Welchen Kindern fällt die Eingewöhnung besonders leicht? Das sind vor allem Kinder von Eltern, die ganz ruhig und optimistisch die Eingewöhnung angehen. Aber auch Kinder, die vor dem Krippenstart öfters von den Großeltern oder dem Babysitter betreut wurden, nehmen die neue Situation besser auf. Oder anders gesagt: Die Eltern kennen die Trennungssituation schon und sind dementsprechend gelassener. Auch Kinder, die große Geschwister haben, gewöhnen sich mitunter schneller an die Krippe. Sie haben die großen Geschwister dort schon einmal abgeholt, sehen, dass sich Bruder oder Schwester dort wohl fühlt, und auch die Eltern wissen, dass ihre Kinder in der Krippe gut aufgehoben sind.
Helfen Rituale? Der ganze Krippenalltag ist ein einziges Ritual. Am Morgen starten wir mit dem Frühstück, dann wird gespielt, irgendwann am Vormittag geht's auch mal mit der ganzen Gruppe in den Wickelraum, dann wird aufgeräumt, dann gibt es Mittagessen und so weiter. Dabei wird alles immer begleitet von ganz bestimmten Liedern oder Versen. Nach dem Mittagessen legen sich die Kinder zum Mittagsschlaf in den Schlafraum. Klare Abläufe wie z.B. Hände waschen, aufräumen usw. sind für die Kinder wichtig und helfen ihnen, durch den Tag zu kommen.
Gibt es Kinder, denen es besonders schwer fällt? Grundsätzlich ist jedes Kind für die Betreuung in einer Kinderkrippe geeignet. Wenn es nicht so richtig klappt, dann stehen wahrscheinlich die Eltern nicht so ganz dahinter. Ein Gespräch hilft dann oft zu klären, was genau den Eltern so schwer fällt und wir kommen eigentlich